Tipps zum Lösen von Schachaufgaben

Natürlich gibt es kein Patentrezept zum Lösen von Schachaufgaben. Gott, sei Dank - möchte man sagen, denn wäre es anders, hätte diese faszienierende Variante des Schachs sicher nicht so viele Freunde gefunden.

Es gibt allerdings ein paar Ansätze, die ein Problemlöser bei der Suche nach der Lösung in Erwägung ziehen sollte. Netschach stellt hier einen Artikel von Franz Pachl vor, der 2016 im PDF zum 85. Pfälzischen Schachkongress in Ramstein-Miesenbach erschienen ist.


Problemschach

Wie löst man Schachprobleme?

Sicher hat der eine oder andere schon einmal vor einer Schachaufgabe gesessen und versucht, sie zu lösen. Findet man nach einiger Zeit die Lösung nicht, hat man vom Problemlösen erst einmal genug und beschäftigt sich vielleicht nie wieder damit. Dabei ist es meistens gar nicht so schwer, die Lösung eines Schachproblems zu finden, wenn man weiß, wie man den Dosenöffner ansetzen soll. Um den Schlüsselzug (so bezeichnet man in Fachkreisen den Lösungszug) zu finden, genügt es manchmal, die Funktionen der einzelnen Figuren zu ergründen, denn eins ist sicher, jede aufgestellte Figur erfüllt einen bestimmten Zweck. Nimmt man eine vom Brett, geht die vom Autor beabsichtigte Lösung nicht mehr.

Vor einigen Jahren habe ich beim Schachkongress in Kaiserslautern ein Lösungsturnier durchgeführt. Zu lösen waren in dreißig Minuten drei meiner Meinung nach relativ einfache Schachprobleme.

Während die Teilnehmer versuchten, die Nüsse zu knacken, blickte ich einigen beim Lösen über die Schulter und war erstaunt, wie schwer sich manche mit den Aufgaben taten. Nur vier der insgesamt zwölf angetretenen Löser schafften es, alle drei Aufgaben korrekt zu lösen. Ein geübter Löser wird für diesen Zweizüger aus dem Lösungsturnier in Kaiserslautern wohl nur einige Sekunden benötigen.
Beispiel 1

H. Weissauer Club-Zeitung LU, 1912


Um dem richtigen Lösungszug auf die Spur zu kommen, schauen wir mal, was Schwarz für Zugmöglichkeiten hat. Bis auf d6 sind alle Felder um den schwarzen König herum gedeckt, also hat er nur den Zug 1.- Ke5-d6.

Eine bewährte Methode beim Lösen kann sein, dass man Schwarz anziehen lasst und schaut, ob auf solche Züge ein weißes Matt parat steht. Lassen wir den schwarzen König nach d6, macht er zwar das Feld f4 dem weißen Läufer zugänglich, aber der Mattzug 2.Lf4 scheitert daran, dass er über c5 entkommen kann. Wir müssen also im Schlüsselzug das Feld c5 decken, und das geht nur mit Tc3!. Jetzt folgt auf 1.- Kd6 2.Lf4. Durch den Schlüsselzug haben wir Schwarz die Flucht mit seinem König nach d4 ermöglicht, was aber 2.Lf6 zur Folge hat.
Indem wir Schwarz haben anziehen lassen, sind wir dem Schlüsselzug ziemlich schnell auf die Spur gekommen.

Um ein Schachproblem erfolgreich zu lösen, ist es ratsam, die Stellung zu analysieren und auf folgende Dinge zu achten:

  1. Kann Schwarz dem weißen König Schach bieten?
  2. Hat der schwarze König ein Fluchtfeld?
  3. Kann Schwarz ihm vielleicht eins verschaffen?
  4. Droht Schwarz eine wichtige weiße Figur anzugreifen, zu fesseln, zu schlagen oder den Weißen sonst wie in Verlegenheit zu bringen?
Ist einer dieser Fälle geboten, muss man seinen Angriffsplan, speziell den Schlüsselzug daran ausrichten.

2. Beispiel

Versuchen wir, die nächste Aufgabe nach diesen Gesichtspunkten zu knacken. Die weiße Dame steht hier etwas abseits, also wird man mit ihr den ersten Zug ausfuhren.

Checken wir die Liste der schwarzen Gemeinheiten.

  1. Könnte Schwarz Schach bieten?
    Ja, mit 1.- De8, aber das stört nicht, denn die Antwort 2.Tg8 steht bereit.
  2. Ein Fluchtfeld hat der schwarze König nicht,
  3. aber ihm könnte eines verschafft werden, nämlich durch 1.- Dxf3. Das ist hier gleichbedeutend mit
  4. Logische Konsequenz, die weiße Dame muss so ziehen, dass mit dem Drohmattzug vom T auf g2 wieder gedeckt wird.
Beispiel 2

Hans Georg Matthäus, Deutsche Schachzeitung, 1975


Das Drohmattfeld muss demnach h2 sein. Von vier Punkten aus kann die weiße Dame es anpeilen, nämlich d6, e5, h6, h4. Dass nach 1.Dd6 oder e5 Schwarz ein zweites Gegenschach geben kann macht nichts, denn 2. Tg2-g7 kontert.
Außerdem könnte in jedem der vier Fälle auf 1.- Dg1 (deckt h2) das Doppelschach 2.Txh2 die Folge sein. Welches ist nun der richtige D-Zug? Da 1.Dd6 und 1.De5 an 1.- f4! scheitert und 1.Dh6 an 1.- Df4!, bleibt nur 1. Dh4! übrig. Auf 1.- Df4 kommt jetzt 2.De1.

3. Beispiel

Beschließen möchte ich diesen kleinen Artikel mit Nr. 3. Keine Angst vor den 10 Zügen,
die Aufgabe ist nicht so schwierig, wie man denkt.

Klar, dass der d-Turm auf der c-Linie Matt gibt, er darf freilich die schwarzen Verteidiger nicht ins Spiel kommen lassen.

1.Td3? Le5!,
1.Td4? Lf11.

Bleibt praktisch nur 1.Td7-d8! e5 (2.Td3? Se2!) nun 2.Td8-d6, Lh3-g2 und im selben Rhythmus weiter, immer zwei vor - eins zurück:

  1. Td6-d7, e4
  2. Td7-d5, Lg3-f2
  3. Td5-d6,e3
  4. Td6-d4, Lg2-f1
  5. Td4-d5, e2 (Lf1-c4)
  6. Td5-d3, f2-d4
  7. Td3xd4, Sg1-f3
  8. Td4-c4#
Beispiel 3

Dieter Kutzborski, Schach ohne Partner, 1977

3. Beispiel - Matt in zehn Zügen

Das spielte sich fast von selbst.

Text: Franz Pachl
(Aufgaben und Texte teilweise übernommen aus "Schach ohne Partner" von Herbert Grasemann und "Schach für Nussknacker" von Friedrich Chlubna)

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